Browser regulieren Cookies im Namen des Datenschutzes
Schon ein wenig paradox: Browser, die wichtigsten Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine, Besucher und Website, User und Internet, bislang oft als Datenkraken verschrien, stellen sich jetzt als Saubermänner auf und schränken hiermit marketingrelevante Funktionen ein.
Die Browser stehen im Mittelpunkt, wenn es um Datenerhebungen im Internet geht, und das sicher nicht erst, nachdem die ersten Abmahnungen und Strafzahlungen gegen Google und Co. anliefen (50 Mio. Strafzahlung gegen Google). Wer oder was setzt Cookies und verarbeitet meine Daten? Vieles davon geschieht über die Browser und deren interne Funktionen.
Google hat schon vor Jahren ein mehrere hundert Mitarbeiter starkes Team in den USA und Europa aufgebaut, das sich nur um Datenschutzthemen kümmert. Und natürlich sitzen auch einige dieser Fachleute in Brüssel und beraten die europäische Politik.
Nicht aber Google hat die ersten internen Veränderungen zur Regulierung von Cookies und Co vorgenommen. Safari von Apple, Firefox und Opera waren die ersten großen Browser, die im Namen des Datenschutzes auf das Erheben und Verarbeiten von personenbezogenen Daten Einfluss genommen haben. Verständlich, warum sollte Google möglicherweise seine eigenen Dienste beschneiden? Bekanntermaßen ist Google mehr als nur der Chrome Browser oder die Suchmaschine. Mit Google Analytics und dem Google Display Network (GDN) spielt Google an vorderster Front der digitalen Werbeindustrie mit.
Apple z.B. hat sich über die Jahre einen Ruf als Pionier für Tech-Innovationen aufgebaut. Der Innovator im Bereich Smartphones, Computer und mehr räumt dem Thema Datenschutz oberste Priorität ein. Seit Safari unter iOS 11 und MacOS 10.13 ist die sogenannte Intelligent Tracking Prevention (ITP) für Millionen von Apple-Usern standardmäßig aktiviert. Dadurch hat Apple den Schutz der Kundendaten auf ein neues Level gehoben. Mittlerweile liegt das Datenschutz-Feature bereits in Version 2.2 vor (Stand Juli 2019).
Was bei diesen Prozessen passiert und warum es für uns in der digitalen Werbeindustrie so wichtigist, diese genau zu verstehen
Über Cookies ist die Werbeindustrie in der Lage, User wiederzuerkennen um deren Verhalten nachvollziehen zu können, ihre Interessen zu verstehen oder einfach um sich zu merken, was derjenige schon in den Warenkorb gelegt hat. Also funktionale Cookies, die den Zweck haben, die Aufgaben eines Shops zu gewährleisten und Marketingcookies, die die Werbeeinblendungen regeln. Im Grunde alles nicht wirklich schlimm, Werbung ist eben eine der wichtigsten Monetarisierungsformen des Internets. Und mit „intelligenter“ Werbung verdient die eine oder andere Seite besser als mit „dummer“ Werbung. Aber sicher: Die Werbeindustrie hat es auch oft übertrieben und Besucher mit Retargeting penetriert. Werden diese Marketingcookies nun von den Browsern blockiert, fällt das Markieren der Besucher aus und die Werbung wird wieder dumm.
Je nach Funktion des jeweiligen Cookies hat das gravierende Folgen. Retargetingkampagnen erzielen nicht mehr die gewünschten Reichweiten oder Trackingfunktionen sind komplett blockiert. Trackingweichen, die vorher die Besucherströme analysiert haben, können nicht mehr feststellen, über welchen Kanal der jeweilige Besucher kam. Im Affiliate-Marketing fällt sogar die Attribution von Käufen aus und Publisher gehen am Ende des Salesprozesses leer aus. Für einen Marketing-Verantwortlichen in einem Onlineshop ein Horrorszenario.
Um dem entgegenzuwirken müssen sich Onlineshops entsprechend vorbereiten, ihre Technik anpassen und umstellen.
Einer der wichtigsten Methoden ist die Umstellung aller möglichen Systeme auf First-Party-Tracking (1st Party), bei der die Cookies von der besuchten Webseite selber geschrieben und ausgelesen werden. Anders als sogenannte Third-Party-Cookies (3rd Party), bei denen externe Domains diese Cookies schreiben und verarbeiten und die in vielen Fällen geblockt werden.
In einem Whitepaper der Arbeitsgruppe Affiliate Marketing im BVDW haben wir bereits im Herbst 2018 empfohlen, sämtliche relevanten Tracking- und Targetingverfahren zu überprüfen und ggf. umzustellen. Doch sind auch inzwischen diese empfohlenen Umstellungen nicht mehr alle wirksam und neben Firefox, Safari und Opera stellt sich auch Google Chrome darauf ein, erste Einschränkungen vorzunehmen. Wann genau Google diese Einschränkungen vornimmt, ist nicht klar. Marketingverantwortliche und deren Techniker sollten sich aber darauf vorbereiten. Denn: Mit fast 50% Marktanteilliegt Google Chrome in Deutschland ganz vorne.
Marketingverantwortliche und Techniker sollten sich folgende Fragen beantworten:
- Welche Marketing Kanäle nutze ich oder will ich zukünftig nutzen?
- Welche Cookies schreibe ich auf meiner Seite oder lasse ich von dritten schreiben?
- Welche lese ich wo wieder aus?
- Welche Funktionen werden bereits jetzt von welchen Browsern geblockt?
- Von welchen Änderungen ist mein Marketing zukünftig betroffen?
- Wie kann ich denen entgegenwirken?
- Wie hoch ist der relevante Anteil der Besucher heute und zukünftig?
- Kann ich alle Systeme sinnvoll umstellen oder muss ich ggf. zu einem alternativen Anbieter wechseln?
- Muss ich mein Marketingbudget ggf. zukünftig anders verteilen?
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